Konzert vom 11. Januar 2015, 17.00 Uhr, Rondell Kantonsschule Wohlen
SOIRÉE TZIGANE
Kammerorchester K65 Â Â (Leitung: Alexandre Clerc)
und Ensemble Kalandos  (Leitung und Violine: Karel Boeschoten)
Wohler Anzeiger, Â 13. Januar 2015
von Klara Bosshart-Schwaller, Wohlen
Das war ein Feuerwerk. Mit ungarischer Musik warteten das Kammerorchester 65 und das Kalandos Ensemble aus Budapest im Rondell der Kantonsschule auf.
Den Auftakt machte der ungarische Tanz Nr. 1 von Brahms. Unter der Leitung von Alexandre Clerc spielte das Kammerorchester 65. Die Anfangstöne sind tief. Die Geigen bringen Bewegung in den Tanz. Wildheit wechselt mit lieblichen Melodien, wuchtige, getragene Motive mit neckischem Geigenzirpen. Unter der Leitung des Sologeigers Karel Boeschoten übernehmen nun die fünf Musiker des Kalandos Ensemble und entführen das Publikum in traditionelle ungarische Volksmusik. „Pferdekopf“ heisst das Stück. Selbstbewusst beginnt die Geige, singt ihre Melodie. Schon setzt das Cimbalom, ein Saiteninstrument, ein und dann trumpft die Klarinette auf. Zusammen mit der Bassgeige und Bratsche wird ein solider Boden gelegt. Da können die Pustapferde galoppieren und davon jagen. Interessant ist der Rhythmus. Beim Sologeiger laufen alle Fäden zusammen. Er gibt die Impulse. So ist selbst in diesen vertrackten Takten das Zusammenspiel immer grossartig. Im folgenden Stück triumphiert die Klarinette. Es ist ein Genuss, die Geschicklichkeit der Finger auf den Klappen zu sehen, einem Feuertanz gleich. Rumänische Volkstänze von Béla Bartòk spielt das Kammerorchester 65. Dominant sind zu Beginn die tiefen Streicher. Sie knurren leicht. Zusammen mit den Geigen ergibt sich ein wohlklingender Melodiefluss. Zwischendurch überraschen die Geigen mit einem leichtfüssigen Pizzicato. Überhaupt bleiben Effekte nie aus. Die Geigen verstehen es, das Publikum ins Land der Träume zu locken. Doch die markigen Töne der beiden Kontrabässe rufen in die Wirklichkeit zurück. Ein grossartig aufgebautes Crescendo führt zum Schluss. In „Moskauer Nächte“ entführt das Kalandos Ensemble weiter in den Osten. Die traurige Stimmung zu Beginn durchbricht das Cimbalom mit luftigen, hellen Motiven. Die Geige lässt sich davon anstecken, wandelt Schwermut in Sehnsucht. Bei dieser Vielfältigkeit von kleinen Motiven geht ein grosser Musikbogen nie verloren. Das gibt Raum und Luft. Und dann spielen die fünf Musiker Tanzmusik. Und was da die Klarinette mit ihrem geschmeidigen Klang alles zu erzählen hat! In höchsten Tönen erzittert die Geige, fragil und doch bestimmt. Immer mehr bricht Zigeunermusik durch. Sehr dynamisch spielt das Cimbalom. Das Instrument setzt spezielle Klangfarben, welche oft an Glockentöne erinnern. Alles wirkt spielerisch leicht. Doch bei dieser Virtuosität stockt fast der Atem. Herrlich ist der Übergang zu einem rasanten Tanz, der nun zusammen mit dem Kammerorchester 65 gespielt wird. Da beginnen die Fussspitzen zu wippen. In dieser Musik atmet die ungarische Seele. In einer unermesslichen Weite liegen liebliche Melodien, dazu Verträumtheit und fliegende Tanzschritte. Die Akzente sind nicht immer auf dem ersten Schlag, was einen spannenden Drive ergibt. Und diese Spielfreude! Einfach wunderschön.
Nach der Pause spielt das Kammerorchester 65 einen Stampftanz von Sà ndor Veress, komponiert 1944. Ein Gegensatz lässt aufhorchen. Langsam, getragen sind die tiefen Streicher, lebhaft, ja quirlig dazu die Geigen. Das Tempo wird beschleunigt, lässt die Tänzer auf den Boden stampfen. Vertraut ist der ungarische Tanz Nr. 5 von Brahms. Er ist voller kecker Einfälle, lässt mal träumen, dann schnell die Tanzschuhe anziehen. Und wieder ruft das Kalando Ensemble zum Tanz. Wenn zwei hübsche Mädchen durchs Dorf flanieren, sind die Burschen nicht fern. Flehend ist die Melodie, denn die Herzen müssen erobert werden. Da überrascht die leichte Zurückhaltung bei der Klarinette nicht. Umso überzeugender der triumphale Part beim Cimbalom. Bei der folgenden Volksmusik wechseln die Stimmungen schnell. Die Freude am Tanzen bleibt. Auffallend, für diese Volksmusik jedoch typisch, sind die Beschleunigungen. Der Anfang ist langsam. Doch in dieser Langsamkeit liegt eine grosse Spannung. Sie kündet schon subtil das kommende schnelle Tempo an. Ein kleiner Abstecher nach Rumänien ist im nächsten Stück. Karel Boeschoten beginnt mit einem Geigensolo. Und wie er spielt! Er ist ein Geiger von Weltklasseformat. Die hohen Töne zirren und flirren, die tiefen grummeln und brummeln und dazwischen liegen tausend Klangfarben. Er hat Musikalität und Ausdruckskraft bis in die äussersten Fingerspitzen. Und bei dieser Musik wird getanzt, was die Schuhsohlen hergeben. Virtuos und schnell ist das letzte Stück.  Da sind Paprikaschoten und Pfeffer gut gemischt.
Das Publikum war hell begeistert. Als Zugabe spielten alle zusammen nochmals den ungarischen Tanz Nr. 5 von Brahms. Mit einem Volkstanz setzte das Kalandos Ensemble einen fulminanten Schlusspunkt. Mit unzähligen Melodien und mitreissenden Rhythmen ist dem Konzertfonds der Start in die neue Saison voll geglückt.