Wohler Anzeiger, 26. November 2019 von Klara Bosshardt
Konzert vom 23. November 2019 im Rondell Kantonsschule Wohlen
Frische und Unbeschwertheit
Konzertfonds: Begeisternde „Carte blanche“ für Musiktalente
Es war ein Fest für Ohren, Augen und Herz. 15 junge Musiktalente aus dem Kanton Aargau hat der Konzertfonds zu einem Konzert ins Rondell der Kanti eingeladen. Das Programm „Carte blanche“ ist offen für Überraschungen.
Viele kommen. Es lockt diese kribbelnde Mischung aus Neugier und der Gewissheit, dass Jugendliche erfrischend und toll musizieren werden. Festlich beginnt das erste Stück. Olivia Bürger und Sophie Wernli, beide Trompete, Lilith Barbier, Horn und David Gabi, Posaune, spielen einen Marsch von William Bird. Sehr schön sind die getragenen Motive des Horns. Die Posaune gibt einen sicheren, tiefen Boden, während die Trompeten strahlen dürfen. Und das tun sie. Auffallend präzis ist die Dynamik. Und der lange Schlussakkord ist gut intoniert. Christina Beng, Violine und Rahel Metzler, Klavier, machen einen Abstecher in die Romantik. Verspielt beginnen sie eine Sonate von Robert Schumann. Dabei strahlt die Geigerin so erfrischend schön wie die Melodie auf ihrem Instrument. Passend gestaltet die Pianistin die Begleitung, nie aufdringlich, immer dezent, und doch schimmert eine eigene Melodieführung durch. Beeindruckend genau sind die Verlangsamungen und Beschleunigungen, die Übergänge von Forte zu Piano, von Motiven im Legato zu lebhaften, ja übermütig sprudelnden Melodien. Aufregend ist der Beginn einer Sonate für Cello von György Ligeti. Es spielt Tim Meyer. Gezupfte Töne wechseln mit gestrichenen Melodien. Der Einfluss ungarischer Volksmusik ist hörbar. Da funkeln schwarze Augen durch die Motive voller Sehnsucht. Zwischendurch scheinen der Spieler und das Instrument zu einer Einheit zu verschmelzen, was einen Ausdruck von Innigkeit ergibt. Und die Piani haben es in sich. Da scheint das dickbauchige Instrument zu schweben, wirkt federleicht.
Klassische Musik ist angesagt. Alessio Machi, Violine und nochmals Tim Meyer, Cello, spielen ein Duett von Joseph Haydn. Unverkennbar sind das grossartige Können und die Verschmitztheit des Komponisten. Beide Künstler bringen dies zum Ausdruck. Das Zusammenspiel von Geige und Cello ergibt etwas Abgerundetes. Hohe und tiefe Töne ergänzen sich aufs Schönste. Neckisch ist das Allegro. Virtuos singt die Geige, während das Cello zufrieden und lächelnd in der Tiefe grummelt. Nun ist Jazz an der Reihe mit einem Stück des Zeitgenossen Chick Corea. Mit der Querflöte, gespielt von Lara Schaub, kommt eine neue Klangfarbe in den Raum. Dazu spielen Christoph Gebhard, Bass und Benedikt Heuser, Klavier. Die packenden Rhythmen gehen nicht nur durch die Musiker hindurch, sondern übertragen sich auch aufs Publikum. Der innere Puls ist spürbar und kitzelt den Magen. Und wenn der Bassist seinen Part mit Begeisterung und Spass spielt, blitzt etwas Witziges auf. Daneben hat die Querflöte immer etwas ganz Klares und das Klavier liebt ganz offensichtlich markige Rhythmen. Es folgt eine Sonate von Johann Sebastian Bach, gespielt von Sophia Mücke, Violine. Die Melodie hat etwas Luftiges, auch Schmelzendes. Sie vergeht wie Zucker in einer Tasse Glühwein. Ein herrlicher Nachgeschmack bleibt. Es ist grossartig, wie die junge Künstlerin gestaltet und den Motiven Ausdruck und Strahlen verleiht.
Nun gibt‘s einen grossen Gegensatz zum französischen Komponisten Albert Roussel. Gleich zu Beginn ertönen neue Harmonien, neue Klänge. Es spielen Sarah Suter, Querflöte, und Leonie Winzenried, Klavier. Sie entführen das Publikum nach Indien. Die Harmonien mögen schräg und ungewohnt sein, doch seltsamerweise auch voll Wärme und Herzlichkeit. Die beiden Künstlerinnen kennen ihr Instrument sehr gut. Die Pianistin gibt neben Melodien auch Dynamik und rhythmische Akzente. Und die Querflöte hat neben ihrem getragenen Musikfluss auch etwas herrlich Aufmüpfiges, ja Trotziges. Nun spielt der Pianist John Rabbi Lumagbas ein Stück von Franz Schubert. Da zeigt sich ein Ballett mit Fingern, Tönen und Melodien. Beeindruckend die dynamische Gestaltung, diese fliessenden Übergänge von laut zu leise. Da liegt ein Motiv wie glitzernder Raureif auf einem Birkenzweig. Und dann ein Dur-Akkord wie ein Sonnenstrahl. Der Künstler versteht es grossartig, seiner Musik eine Seele zu geben. Da springt der Funke über zum Publikum, raubt fast den Atem. Einfach wunderschön! Zum Schluss spielt das Brass-Quartett vom Anfang ein Stück des Zeitgenossen Daniel Hellbach. Es passt bestens. Nochmals erklingen festliche Klänge. Frech schmettern die Trompeten. Übermütig ist das Horn und lausbübisch die Posaune. Der erste Satz ist temporeich. Der zweite bringt Ruhe und Nachdenken. Der dritte Satz besticht durch seine ansteckende Spielfreude. Da liegt etwas Keckes in der Luft. Da sind nochmals diese Fröhlichkeit, diese Frische und Unbeschwertheit der jungen Musiktalente.
Der äusserst kurzweilige Konzertabend ist viel zu schnell vorbei. Das Publikum ist beeindruckt und begeistert. Der Applaus will fast nicht enden. Diese Musiker aus dem Aargau sind von den grossen Konzerthäusern noch nicht entdeckt. Doch wer weiss!