Wohler Anzeiger, 9. September 2014
von Klara Bosshart-Schwaller, Wohlen
Konzert vom 5. September, 20.00 Uhr, Reformierte Kirche Wohlen
Vom Westen in den Osten
Duo Adfinis
Marija Wüthrich, Klavier; Hristo Kouzmanov, Violoncello
bos. Letzten Freitagabend hat der Konzertfonds Wohlen eingeladen. Mit dem Programm „Vom Westen in den Osten“ wurde ein weiter musikalischer Bogen gespannt. Mucksmäuschenstill warteten die Zuhörer in der Reformierten Kirche auf das Duo Adfinis.
Mit ein paar Erläuterungen führt der Cellist durch das Programm. Witzig und ideenreich hat Beethoven Varitionen zu einem Thema aus Mozarts „Zauberflöte“ komponiert. „Ein Mädchen oder Weibchen wünscht Papageno sich“. Schnell, lustig, auch traurig, fast wie in einem Zirkus, kommen die Variationen daher. Moll-Akkorde unterstreichen die düsteren Momente. Doch immer wieder bricht Papagenos heiteres Glockenspiel durch. Der Wechsel von fröhlich zu ernsthaft gelingt der Pianistin Marija Wüthrich grossartig. Anders wird die Stimmung, wenn das Cello, gespielt von Hristo Kouzmanov, die Melodie übernimmt. Da geht es verspielt an das Thema. Das Tempo ist mal langsam, mal schnell. Zart spielt das Klavier, im Gegensatz dazu bringt das Cello etwas Markiges und Bodenfestes. Und immer wieder betört die Pianistin mit ihrem virtuosen Fingertanz über die Tasten. Auf vielfältige Art sehnt sich Papageno nach seinem Mädchen. Übermütige, ja kecke Einfälle spicken die Musik. Spannungsvoll sind Pausen und neue Akkorde in Moll. Dann wiederum singt das Cello eindringlich schön vom liebsten aller Mädchen, schon ganz sicher, dass Papageno es bald in Armen hält. Da übersprudeln Freude und Spielspass bei beiden Künstlern. Da ist der Homo ludens. Mozart würde schmunzeln.
Und flugs geht es in den Osten zu P. I. Tschaikowsky. Da tut sich eine Welt voller Gefühle auf. Das Cello singt eine Arie aus der Oper „Eugen Onegin“. Er singt von unerfüllter Liebe, lieblich, zornig, immer mit grosser Intensität. Sehr eindrücklich ist dazu die Klavierbegleitung. Die Stimmung wird aufgenommen und zusätzlich untermalt. Im folgenden „Nocturne“ kann Tschaikowsky seine düsteren Gefühle nicht bei Seite schieben. Klagend beginnt das Cello. Plötzlich bringt das Klavier Lebenslust. Das Cello nimmt das Motiv auf und variiert von Betrübnis zu Spass. Eindringlich verleitet das Klavier zu Aufbruch. Doch bald versinkt das Neue ruhig in die Nacht.
Nach einer Schaffenskrise komponierte S. Rachmaninow ein herausragendes Werk, die Sonate für Violoncello und Klavier in g-Moll. Das Cello beginnt. Schon in den ersten Takten spürt der Zuhörer das Atmen in dieser Musik. Verhalten, durchlässig setzt das Klavier ein. Beide Instrumente sind eigenständig, und doch harmonieren die beiden sehr schön. Sie passen sich einander an. Gefühlvoll ist ihr Spielen. Sie geben sich gegenseitig Raum und ergänzen sich auch. Fast schmeichelhaft ist das Cello in der Tiefe. Verspielt wie eine leichte Brise ist dazu das Klavier. Sehr viel Bewegung ist da. Eine rhythmische Kraft bricht durch und kann anschliessend im Einfachen ausruhen. Packend, fast furios beginnt das Allegro scherzando. Die sich raschfolgenden Motive haben Ostinato Charakter. Bei langen Cello Tönen kann das Klavier mit diskret schnellen Läufen Tempo geben. Dazu singt das Cello unbeirrt seine wunderschöne Melodie. Der Cellist schöpf alle Möglichkeiten seines Instrumentes aus. Singen, Jammern, virtuoses Tanzen auf den Saiten, Pizzicato und Spannung im Körper. Herrlich ist die Dynamik. Markante Rhythmen dominieren. Fast Schwermut schwanger stehen die Akkorde da. Die Motive entwickeln sich zu einem Brausen, jagen wie ein Orkan über die russische Ebene, überrollen Busch und Baum, fliehen in jede Höhle. Und doch sind die Akkorde nie massig. Der Wind gibt Leichtigkeit. Manchmal ist die Musik fast schwerelos. Das geht den Zuhörern zu Herzen. Ruhig beginnt das Klavier das Andante. Es ist wie ein Wiegenlied, leicht und fliessend. Das Klavier spielt berührende Melodien. Diese nimmt das Cello auf, führt sie auf seine Art weiter, stets mit Ausdruck und Seele. Dazu bringt das Klavier fast etwas Schwebendes. Klar und schwungvoll ist der Start zum Allegro mosso. Bestechend schön spielt das Klavier sein Motiv, tritt unauffällig in den Hintergrund, denn nun jubiliert das Cello. Und wie es das tut! Ein Hörgenuss! Und so kurzweilig. Es folgen schwere, synchronische Akkorde. Diese verdünnen sich auf wenige Töne und verleiten zum Träumen. Eine grosse Spielfreude zeigt sich in den Gesichtern der beiden Musiker. Staunen gehört dazu.
Das Publikum war begeistert. Der lange Applaus rief nach einer Zugabe. Nochmals Rachmaninow, einem Gebet gleich. Und das Cello war auf dem Silbertablett.