Wohler Anzeiger, 22. November 2021
von Klara Bosshart-Schwaller, Wohlen
Carte blanche – junge Talente
Da sind sie. Fünfzehn jugendliche Musiktalente. Auf Einladung des Konzertfonds Wohlen zeigen sie ihr grosses Können in der Aula der Kantonsschule. Ihnen gegenüber sitzt das Publikum, neugierig und voll Erwartungen.
Kantonsschülerinnen und Kantonsschüler aus dem Spitzenförderungsprogramm des Kantons Aargau geben ein Konzert. Es spielen: Jakob Ackermann, Akkordeon; Christoph Gebhard, Bass; Jakob Schildhauer, Blockflöte; Nora Bürger, Rahel Furrer, Julian Schnetzler, Cello; Jael Enzler, Jana Traut, Geige; Armando Chappuis, Samuel Rosica, Gitarre; Jana Bürger, Raya Koller, Harfe; Manuel Ernst, Michael Schweizer, Klavier; Sebastian Buchs, Vibraphon und Percussion. Frisch beginnen Variationen über „La follia“ von Antonio Vivaldi. Virtuos, geschmeidig und mit Ausdruck wird musiziert. Schön ist der Kontrast von Blockflöte und Cello. Geige und Blockflöte geben das Tänzerische. Plötzlich tritt die Gitarre in den Vordergrund, überlässt nach ein paar Takten der Blockflöte das Geschehen. Der Musikfluss wird immer wieder gespickt mit hohen Blockflötentönen. Keck, fast ein bisschen frech und wunderschön. Es folgt ein Gitarrensolo. Das Spiel ist sehr schön phrasiert, dynamisch und voll Innigkeit. Eine Klaviersonate von Beethoven ist angesagt. Im Publikum ist es mucksmäuschenstill. Alles wird auswendig gespielt. Auch in den schnellen Passagen ist das Spiel von grosser Leichtigkeit. Schön gestaltet sind sowohl die dramatischen wie auch die lyrischen Passagen. Das Instrument beginnt unter den Händen des Pianisten zu singen. Beethoven würde sich freuen. Das nächste Stück für Cello und Klavier beginnt geheimnisvoll. Da ist zuerst ein gegenseitiges Abtasten, dann ein finden mit kurzen Motiven. Herrlich ist der Schlussakkord. Er steht da wie ein Schiff, das mit Tauen am Quai festgezurrt ist. Unverrückbar. Das folgende Cello-Solo beginnt sehr bewegt. Mal ist die Stimmung fröhlich, mal flehend, mal auch trotzig. Brummig und kernig kommen die tiefen Töne aus dem Cellobauch. Da wird genau intoniert. Grossartig.
Nun sind zwei spanische Tänze von Enrique Granados an der Reihe, komponiert für zwei Harfen. Im ersten Tanz liegt etwas Sphärisches, wie tanzende Sterne am Nachthimmel. Trotz schneller Verzierungen fliesst die Musik ruhig dahin. Und immer wieder blitzt etwas Arabisches hindurch. Der zweite Tanz zeigt schöne Wechsel von Forte zu Piano. Bemerkenswert sind auch die lieblichen Melodien, dann der Wechsel zu lauten Tonfolgen. Dieses Harfen-Duett berührt das Herz. Da singt die Seele der beiden Künstlerinnen mit. Das folgende Werk eines Zeitgenossen ist für Geige und Cello. Das erste Stück ist volkstümlich. Es entführt nach Irland. Lustig schleifende Tonwechsel und deftiges Stampfen bringen eine rustikale Note. Im zweiten Stück kommt eine andere Stimmung auf. Es ist ein Gruss aus dem Orient. Der nächste Komponist führt das Publikum nach Japan. Es ist erstaunlich, was in einer Blockflöte steckt. Der Solist versteht es, alles aus diesem Instrument hervorzulocken. Er spielt eine Sopran- und eine Altblockflöte, mal einzeln, mal auch zusammen. Bei dieser Virtuosität bleibt dem Publikum fast der Atem weg. Fernöstlich ist die Stimmung. Der Schlussgong passt perfekt. Nun folgt ein Klaviertrio von Fauré. Klavier, Geige und Cello bringen französisches Flair in die Aula. Da sind sehr tiefe Töne bei den Streichern, verspielte Motive beim Klavier. Von Sonne, Meer und ausgetrockneter Erde erzählt diese Musik.
Ein Solo für Akkordeon bringt eine ganz neue Farbe in dieses Konzert. Schnell ist der Rhythmus. Wieselflink hüpfen die Finger über die Knöpfe. Sanft huschen die Girlanden auf und nieder. Das Ganze beginnt zu tanzen. Schön und kurz ist das Stück. In der Kürze liegt die Würze. Bravo! Das folgende Stück hat der Gitarrist Armando Chappuis komponiert. Akkordeon, Gitarre, Bass und Vibraphon treten auf. In dieser Musik ist die Gegenwart. Da sind ungewohnte Motive, und schräge Harmonien, die trotz Schrägheit etwas Packendes haben. Klarheit und Melodie bringt das Vibraphon. Akkordeon, Bass und Gitarre haben oft die Begleitung. Wunderschön und ausdrucksstark spielen sie. Da hängen die Akkorde wie Fledermäuse an einem Dachbalken, ruhig und doch voll Energie. Im letzten Stück spielen die gleichen vier Musiker. Das Vibraphon ist weg, dafür kommt das Schlagzeug dazu. Es ist Musik aus dem 20. Jahrhundert. Mit Spass wird musiziert. Jazzig fegt die Musik daher. Grossartig wie sich die einzelnen Instrumente mit ihren Soli abwechseln. Und die Klangfarben sind so verschieden. Diese Musik gleicht einem Sternschnuppenregen. Wie auf einer fernen Strasse fallen die Sternschnuppen. Eine erlischt und gleich taucht am Firmament eine neue auf, alles in rascher Folge. Einfach herrlich und sehr spannend.
Das Publikum ist begeistert. Ein sehr abwechslungsreiches Konzert geht wie im Flug vorbei. Diese Jugendlichen haben in der Musikwelt ihre Nasen weit vorn. Sie überzeugen sowohl mit ihren Talenten wie auch mit ihrer Freude am Musizieren.